Für Dich bewegen wir uns
Hinter den Kulissen
03.03.2023

Erst virtuell trainieren, dann umsetzen

Sitzt die VR-Brille richtig? Dann kann’s gleich losgehen. Ausbilder Rameez blickt auf den Monitor im neuen Virtual-Reality-Raum im Qualifizierungszentrum auf dem Werksgelände der S-Bahn München. Konzentriert klickt er sich durchs Menü und wählt eine Simulation für seine heutige Schülerin Sara aus. Ihre Aufgabe: Sie soll manuell eine Weiche stellen und anschließend den Triebzug auf ein Abstellgleis fahren. Das Ganze findet zwar „nur” im virtuellen Raum statt, den die VR-Brille simuliert, aber dieses „Schienen-Metaverse” sieht trotzdem verdammt echt aus und ist deswegen auch ein super Training für den realen Arbeitsalltag. Nach den ersten Handgriffen, die über die Controller in beiden Händen ausgeführt werden, ist auch die anfängliche Unsicherheit schnell verflogen. Saras Gesichtsausdruck wandelt sich von hoch konzentriert zu entspannt lächelnd. Das macht ja richtig Spaß, so einen Schienen-Giganten in die richtigen Bahnen zu lenken!

Gut verkuppelt

Einmal abschleppen, bitte!  

Als Nächstes folgt ein anderes, nicht ganz unkompliziertes Szenario: Ein liegengebliebener Zug der Baureihe ET423 muss ins Werk geschleppt werden. Aber huch…, wo sind wir denn jetzt auf einmal gelandet? Nicht im virtuellen Triebzug, so viel ist sicher. Wir stehen in einer Art Werkshalle vor einer Kaffeemaschine – so beginnt übrigens jede Simulation, um den Umgang mit den Controllern zu festigen. Dann halt erstmal eine Tasse Kaffee herauslassen, so viel Zeit muss sein. „Geht auch eine heiße Schokolade?”, fragt Schülerin Sara. Leider nein, diese Option haben die Programmierer ausgespart. Sobald die Tasse Kaffee geleert ist, wird’s ernst! Der intakte und der defekte Zug müssen aneinander gekuppelt  werden. Dazu müssen zunächst einige wichtige Handgriffe an beiden Zügen und deren Kupplung vorgenommen werden. Sara – die eigentlich die Social-Media-Kanäle bei der S-Bahn betreut – bekommt entsprechende Anweisungen von Ausbilder Rameez und Hinweise, wie sie an ihre Werkzeuge kommt und wo sich so manch versteckter Schalter oder Hebel in dem realitätsgetreu nachgebildeten Szenario befindet. Innerhalb weniger Minuten hat sie in beiden Fahrzeugen alle erforderlichen Handgriffe erledigt und die Aufgabe bravourös gemeistert.

Sara hat den Dreh raus

Spielerisch lernt es sich am besten

Ans Handling mit der Steuerung musste Sara sich erst etwas gewöhnen. Kein Wunder, denn die Balance in dem etwa drei mal drei Meter großen Bereich, in dem sich die virtuelle Welt abspielt, zu halten, kann einen schon ins Schwanken bringen. Aber hier muss sich keiner Sorgen machen! Bei jeder Simulation ist immer ein:e Ausbilder:in dabei, verfolgt die Simulation über einen großen Bildschirm und achtet darauf, dass die Teilnehmerin oder der Teilnehmer der Wand nicht ungeplant zu nahekommt. Gefährlich sind die Virtual-Reality-Übungen also nicht, nur unglaublich faszinierend. Alle Moves und Handgriffe übertragen sich ohne Verzögerung in die virtuelle Welt, die wirklich täuschend echt rüberkommt. Momentan steht fürs Training knapp ein Dutzend verschiedener Szenarien zur Wahl, weitere folgen stetig. Der Übungsraum im Münchner Qualifizierungszentrum im Werk Steinhausen existiert seit Mitte 2022 und wird bestens angenommen. „Das System macht allen Spaß und ist auch für die Trainer was Neues. Das spielerische Lernen ist echt eine coole Sache”, zeigt sich Ausbilder Rameez begeistert. Es ergänzt die Übungen, die natürlich auch weiterhin vor Ort an realen Fahrzeugen durchgeführt werden.

Aufnahme läuft

Lerninhalte per Podcast verinnerlichen

Neben dem Virtual-Reality-Training gibt’s noch etwas anderes Zukunftsweisendes im Qualifizierungszentrum: ein Podcast-Studio. Damit sollen wichtige Arbeitsinhalte im Audioformat verständlich aufbereitet werden, damit Azubis und Quereinsteiger:innen diese jederzeit nochmals in aller Ruhe nachhören können. Langen Atem braucht man nicht, vorgesehen sind fünf bis maximal zehn Minuten für jedes Thema wie z.B. „Fahren auf Sicht”. Rameez führt uns das System mal vor und überzeugt mit einer absolut radiotauglichen Stimme, mit der er nebenher berichtet: „Auf die Idee mit den Podcasts hat uns ein früherer Teilnehmer gebracht, der gerne Podcasts hört. Mit den verschiedenen Angeboten wollen wir unseren Azubis und Quereinsteiger:innen so viele Lernangebote wie möglich machen. Gerade zur Prüfungsvorbereitung kann das dann gerne genutzt werden.“ Bevor’s voller Elan mit den Aufzeichnungen losgeht, sollen die Podcaster aber noch von einem echten Radio-Profi geschult werden. Damit man am Ende auch, wie bei den Durchsagen, einen Haken hinter die Vorgabe „Erzählen statt quälen” machen kann.

Alle einsteigen, bitte

Fahrtrainings im nachgebauten Führerstand

Nach so vielen tollen Neuheiten im Qualifizierungszentrum schauen wir uns auch noch die beiden schon länger bestehenden Fahrtrainer-Führerstand-Systeme an. Die Übungsanlagen mit authentischem Sound und detailgetreu nachgebildetem Streckennetz sind fester Bestandteil der Lokführer:innen-Ausbildung. Sie eignen sich perfekt für „Trockenübungen” und vor allem auch für Szenarien, bei denen unvorhergesehene Ereignisse eintreten, wie urplötzlich auftretender, dichter Nebel oder ein in der Oberleitung hängender Ballon. Wie wär’s mit einer spontanen Testfahrt? Aber sicher doch! Da sind wir ganz heiß drauf, vielleicht auch etwas zu heiß. Denn, was ist das? Schon nach ein paar virtuell gefahrenen Metern macht der Zug eine automatische Schnellbremsung. Wir sind an einem sogenannten Vorsignal vorbeigefahren, das uns auffordert, langsam zu fahren, und haben dem System nicht die obligatorische Rückmeldung gegeben, dass wir das Signal gesehen haben. Gut, dass es diese Sicherheitseinrichtungen gibt und wir nur in der Testumgebung unterwegs sind!

Wer selber mal Hand anlegen und schnell zum Profi werden möchte, hat bei der S-Bahn München im Moment übrigens recht gute Chancen. Denn Azubis und Quereinsteiger:innen zum Lokführer bzw. zur Lokführerin werden aktuell auf jeden Fall gesucht. Und wo wird man schon mit so innovativen Methoden geschult? Überzeugt? Dann schickt uns gerne eure Bewerbung!